14. April 2020

Bon­pflicht und TSE: ein Kassen-Update

Ende 2016 trat das Gesetz zum Schutz vor Mani­pu­la­tio­nen an digi­talen Grund­auf­zeich­nungen in Kraft. Zum 01.01.2020 folgt nun die Ein­füh­rung der „Tech­nischen Sicher­heits­ein­richtung (TSE)“ bei „Elek­tro­nischen Auf­zeich­nungs­syste­men“ (Kassen­syste­men).

Text: DA

EVDer Gesetz­geber hat die Einzel­auf­zeich­nungs­pflicht durch die Ände­rung des § 146 AO gesetz­lich normiert. In einer ersten Aufrüs­tungs­welle wurden die Kassen­sys­teme fit für den Jahres­wechsel 2016/2017 und die Anfor­de­rungen aus dem BMF Schreiben vom 26.11.2010 (2. Kassen­richt­linie) gemacht. Am 1. Januar 2018 trat die nächste Stufe des „Kassen­ge­setzes“ in Kraft, die eine Kassen-Nach­schau ermög­lichte. Hier wurde deut­lich, dass es der Gesetz­geber ernst meint mit der Kampf­an­sage gegen Betrü­ge­reien und Mani­pu­la­tionen an digi­talen Aufzeich­nungen im Kassen­um­feld. Es geht um Steu­er­ge­rech­tig­keit und die Politik unter­nimmt erst­mals seit Jahr­zehnten den ernst­haften Versuch, den milli­ar­den­schweren Steu­er­be­trug einzu­dämmen. Aus diesem Grund ist das Gesetz zum Schutz vor Mani­pu­la­tionen an digi­talen Grund­auf­zeich­nungen und die schritt­weise Einfüh­rung der Kassen­si­che­rungs­ver­ord­nung zum 1. Januar 2020 ins Leben gerufen worden.

Diese Pflichten gelten ab Jahres­an­fang 2020

Das Gesetz zum Schutz vor Mani­pu­la­tionen an digi­talen Grund­auf­zeich­nungen trat am 29.12.2016 durch die Veröf­fent­li­chung im Bundes­ge­setz­blatt in Kraft. Die Verant­wort­li­chen gingen davon aus, dass es möglich sein müsse, inner­halb von drei Jahren eine „Zerti­fi­zierte Tech­ni­sche Sicher­heits­ein­rich­tung TSE“ für alle gängigen Kassen­sys­teme zu entwi­ckeln. Das Bundesamt in der Infor­ma­ti­ons­technik (BSI) sollte sie zerti­fi­zieren. Die Anwen­dungs­sze­na­rien und Aufbauten dieser Kassen­sys­teme können äußerst komplex und viel­fältig sein. Deshalb zeigte sich im Laufe der drei Jahre, dass der vorge­se­hene Zeit­plan nicht zu halten sein werde. Aus diesem Grund erfolgte die Veröf­fent­li­chung einer „Nicht­be­an­stan­dungs­re­ge­lung“ bis zum 30.09.2020 durch das Bundes­mi­nis­te­rium der Finanzen (Nicht­be­an­stan­dungs­re­ge­lung bei Verwen­dung elek­tro­ni­scher Aufzeich­nungs­sys­teme im Sinne des § 146a AO ohne zerti­fi­zierte tech­ni­sche Sicher­heits­ein­rich­tung nach dem 31. Dezember 2019).

Viele Unter­nehmen inter­pre­tieren die Nicht­be­an­stan­dungs­re­ge­lung fälsch­li­cher­weise als eine Verschie­bung der „Tech­ni­schen Sicher­heits­ein­rich­tung” (TSE) bis zum 30.09.2020. Sie gehen davon aus, dass nicht bean­standet wird, wenn die Kasse zum Jahres­wechsel nicht den neuen Anfor­de­rungen genügt. In der Nicht­be­an­stan­dungs­re­ge­lung heißt es aber: „Die tech­nisch notwen­digen Anpas­sungen und Aufrüs­tungen sind umge­hend durch­zu­führen und die recht­li­chen Voraus­set­zungen unver­züg­lich zu erfüllen.“

Kassen­händler oder -hersteller fragen

Unter­nehmer müssen demnach Kassen­händler oder Kassen­her­steller kontak­tieren und folgende Auskünfte anfor­dern:

• Ist meine Kasse zum 01.01.2020 nach­rüs­tungs­pflichtig?
• Wenn ja: Ist meine Kasse nach­rüstbar?
• Wenn ja: Wann kann die Kasse mit der Schnitt­stelle zur DSFinV-K ausge­stattet werden und wann kann die Kasse mit einer TSE ausge­stattet werden?
• Welche tech­ni­schen Möglich­keiten der Anbin­dung an eine TSE gibt es, wann werden diese reali­siert und mit welchen Kosten ist dies verbunden?

Eine Über­sicht, welche Zerti­fi­zie­rungs­ver­fahren für Sicher­heits­mo­dule begonnen wurden, gibt es beim BSI. Dort sind nur Unter­nehmen genannt, die einer Veröf­fent­li­chung zuge­stimmt haben. Von BMF und BSI wurde das Konstrukt einer vorläu­figen Zerti­fi­zie­rung ange­kün­digt, mit deren Hilfe der Verkauf einer TSE bereits vor dem Abschluss des Zerti­fi­zie­rungs­ver­fah­rens möglich werden soll. Im Rahmen dieser vorläu­figen Zerti­fi­zie­rung sollen erste TSE-Hersteller die Markt­frei­gabe erhalten. Im Rahmen eines Feld­ver­suchs beim DFKA (Deut­scher Fach­ver­band für Kassen- und Abrech­nungs­sys­tem­technik e. V.) werden derzeit die TSE-Lösungen von Swissbit und Cryp­to­vi­sion im Zusam­men­spiel mit Kassen praxisnah getestet.

Schutz durch Inves­ti­ti­ons­schutz­regel

Für einen Teil­be­reich der „Elek­tro­ni­schen Aufzeich­nungs­sys­teme“ gibt es noch eine Inves­ti­ti­ons­schutz­klausel im Gesetz zum Schutz vor Mani­pu­la­tionen an digi­talen Grund­auf­zeich­nungen (§ 30 Abs. 3). Ange­spro­chen sind hier die „Elek­tro­ni­schen Regis­trier­kassen“, also Kassen­sys­teme, die nicht auf einem PC-Stan­dard­be­triebs­system wie Windows, Linux oder iOS basieren. Das Gesetz hat für diese Systeme in Abhän­gig­keit der Anschaf­fung einen Zeit­rahmen defi­niert.

Als erste Voraus­set­zung müssen Kassen­be­treiber das Kassen­system zwischen dem 25.11.2010 und dem 01.01.2020 ange­schafft haben. Zwei­tens muss es alle Anfor­de­rungen zur Aufbe­wah­rung digi­taler Unter­lagen bei Barge­schäften erfüllen. Drit­tens muss der Hersteller eine Beschei­ni­gung ausstellen, dass er dieses System nicht mit einer TSE nach­rüsten kann. Nur dann greift diese Inves­ti­ti­ons­schutz­re­ge­lung und Unter­nehmer dürfen das Kassen­system über den 01.01.2020 hinaus ohne TSE bis längs­tens zum 31.12.2022 einsetzen.

Diese Rege­lung basiert auf dem Gedanken, dass für zahl­reiche unter diese Rege­lung fallende Systeme zwei Aufrüs­tungen notwendig wären. Erste Aufrüs­tung zum 01.01.2017, um letzt­lich alle Anfor­de­rungen zur Aufbe­wah­rung digi­taler Unter­lagen bei Barge­schäften zu erfüllen, und die zweite Aufrüs­tung zur Erfül­lung des § 146a AO durch eine TSE (Tech­ni­sche Sicher­heits­ein­rich­tung) zum 01.01.2020, die es aber eben nicht für dieses System gibt. Für die Abschrei­bung eines solchen Kassen­sys­tems verbleiben damit mehr als fünf Jahre – danach ist dann auch für diese Systeme Schluss.

PC-Kassen­sys­teme gelten grund­sätz­lich als aufrüstbar!

Diese Inves­ti­ti­ons­schutz­klausel greift jedoch nicht für Unter­nehmer mit PC-Kassen­sys­temen. Da ihre Systeme grund­sätz­lich mit Stan­dard-Hard- und -Soft­ware, also Windows, Linux, iOS etc., sowie viel­fäl­tigen Schnitt­stellen- und Spei­cher­sys­temen arbeiten, gelten diese Systeme grund­sätz­lich als aufrüstbar im Sinne des Gesetzes. Damit gilt, dass die Systeme unver­züg­lich aufzu­rüsten und anzu­passen sind, wobei auch hier die Behörden nicht bean­standen, wenn bis zum 30.09.2020 eine volle Einsatz­be­reit­schaft im Sinne des § 146a AO nicht vorhanden ist.

Alte und neue Kassen

Haben Unter­nehmer das Kassen­system vor dem 26.11.2010 ange­schafft, stellt sich die Frage, ob es sich über­haupt aufrüsten lässt. Gibt der Hersteller des Systems hier grünes Licht, ist das System zum 01.01.2020 aufzu­rüsten, wobei es auch hier nicht bean­standet wird, wenn das System bis zum 30.09.2020 nicht mit der TSE voll­um­fäng­lich arbeitet. Ist dieses alte Kassen­system aber gar nicht mehr aufrüstbar, darf es auch nicht nach dem 01.01.2020 einge­setzt werden. Die Betrof­fenen müssen dann eine neue Kasse mit TSE-Vorbe­rei­tung erwerben.
Für ganz neue Systeme gilt: Erfolgt die Anschaf­fung nach dem 01.01.2020, dann nur noch mit TSE – genauer gesagt: „Elek­tro­ni­sche Aufzeich­nungs­sys­teme mit Anbin­dungs­mög­lich­keit an eine zerti­fi­zierte tech­ni­sche Sicher­heits­ein­rich­tung und die zerti­fi­zierte tech­ni­sche Sicher­heits­ein­rich­tung können unab­hängig vonein­ander beworben oder In Verkehr gebracht werden.“ Für Systeme, die nicht den Anfor­de­rungen entspre­chen und dennoch In Verkehr gebracht werden, steht ein Bußgeld in Höhe von 25.000 Euro pro Verstoß im Raum.

Zwin­gende Belegaus­gabe als Bon oder digital

Gegen die Bon-Ausga­be­pflicht, die zum 01.01.2020 auf jeden Unter­nehmer mit elek­tro­ni­schen Kassen­sys­temen zukommt, regt sich derzeit massiver Wider­stand. Dennoch macht diese Verpflich­tung mit Blick auf das „System Kasse“ durchaus Sinn.

Bei der über­wie­genden Zahl der „elek­tro­ni­schen Regis­trier­kas­sen­sys­teme“ erfolgt der Abschluss der Aufzeich­nung des Barge­schäfts mit der Erstel­lung eines Kassen­bons auf Papier. Wenn Kassen­be­treiber den Bon nicht ausdru­cken, können sie den Geschäfts­vor­fall even­tuell abbre­chen oder unter geöff­neter Kassen­schub­lade einfach weiter­k­as­sieren, ganz ohne nach­fol­gende Bon-Ausgabe. Der Kassier­vor­gang soll trans­pa­renter werden, wohl auch für den Betriebs­prüfer in Vorbe­rei­tung einer Kassen-Nach­schau. Ab 01.01.2020 wird bei einer Nicht­aus­gabe des Bons zwar kein Bußgeld erhoben. Der Bundes­fi­nanz­mi­nister ließ aber durch­bli­cken, dass die Nicht­aus­gabe des Kassen­bons als ein Indiz für eine nicht ordnungs­ge­mäße Kassen­füh­rung gewertet werden kann. Beob­achtet ein Prüfer die Nicht­aus­gabe, kann das even­tuell eine Kassen-Nach­schau nach sich ziehen, um die ordnungs­mä­ßige Kassen­füh­rung durch Einsicht­nahme in die Kassen­daten zu über­prüfen.

Bonpflicht auch elek­tro­nisch

Neue und moderne Kassen­sys­teme bieten darüber hinaus auch die Möglich­keit, einen elek­tro­ni­schen Bon zu erzeugen. Diese Möglich­keit wird ausdrück­lich zuge­lassen. Wichtig ist die tatsäch­liche Erstel­lung eines elek­tro­ni­schen Belegs. Nur eine Anzeige auf einem Display oder Monitor genügt hier nicht den Anfor­de­rungen. Der elek­tro­ni­sche Bon muss zur Mitnahme für den Kunden in einem elek­tro­ni­schen Stan­dard­format (Grafik­datei, PDF-Bon) vom Unter­nehmer erzeugt und dem Kunden ange­boten werden. Der Bon ist natür­lich auch im System des Unter­neh­mens zu spei­chern.

Ganz prak­tisch hat das natür­lich auch Auswir­kungen auf die Frage­stel­lung zum Kassenbon. Kann das Kassen­system einen Bon sowohl drucken als auch elek­tro­nisch über­mit­teln, stellt sich ab dem 01.01.2020 die Frage, in welcher Form ein Kunde den Beleg zu erhalten wünscht. In der elek­tro­ni­schen Vari­ante wird er über­mit­telt und den Anfor­de­rungen ist Genüge getan. Bei einem gedruckten Bon entscheidet der Kunde, ob er ihn mitnimmt oder nicht.

Anmel­dung des Kassen­sys­tems bei der Finanz­ver­wal­tung

Ursprüng­lich sollten Kassen­be­treiber ihre Systeme zum 01.01.2020 auf amtli­chen Vordruck bei der Finanz­ver­wal­tung anmelden. Im Ange­sicht der drohenden Antrags­flut auf Papier hat man recht­zeitig die Anmel­dung auf elek­tro­ni­schem Weg einge­schlagen. Sobald eine elek­tro­ni­sche Anmel­dung von TSE-Kassen­sys­temen möglich ist, erfolgt dies durch Bekannt­gabe im Bundes­ge­setz­blatt. Auch hier ist die weitere Entwick­lung zu beob­achten. Unter­nehmer müssen dann sämt­liche Systeme melden und angeben, wenn sie ein System außer Betrieb nehmen. Um hier nicht den Über­blick über Fristen und Termine zu verlieren, empfiehlt sich in jedem Fall die Zusam­men­ar­beit mit einem Steuer­berater.

Archi­vie­rung von Kassen­daten

Die Archi­vie­rungs­pflicht von Kassen­daten ist kein neues Thema der „Tech­ni­schen Sicher­heits­ein­rich­tung“ oder des Gesetzes zum Schutz vor Mani­pu­la­tionen an digi­talen Grund­auf­zeich­nungen, sondern basiert auf zahl­rei­chen Rege­lungen wie z. B. den Anfor­de­rungen zur Aufbe­wah­rung digi­taler Unter­lagen bei Barge­schäften.

Hilfe­stel­lung für eine revi­si­ons­si­chere Archi­vie­rung von Kassen­daten können Cloud­ba­sierte Lösungen wie das DATEV- Kassen­ar­chiv online bieten. Zusammen mit der System­technik der Kasse bildet es den verlän­gerten Kassen­spei­cher. Über eine Schnitt­stelle des jewei­ligen Kassen­her­stel­lers lassen sich so auto­ma­ti­siert sowohl die Kassen­ein­zel­daten als auch die Tages­ab­schluss­daten für jeden Tag ins Hoch­si­cher­heits­re­chen­zen­trum der DATEV über­tragen. Anschlie­ßend stehen sie als unver­än­der­bare Daten sowohl dem Steuer­berater über das DATEV-Kassen­buch online als auch auf Anfrage dem Betriebs­prüfer zur Verfü­gung.

Verfah­rens­do­ku­men­ta­tion – Hand­buch für Unter­nehmen

Ange­sichts der Gefahr einer unan­ge­kün­digten Kassen-Nach­schau ist es wichtig, dass Unter­nehmer und Betriebs­prüfer auf eine Verfah­rens­do­ku­men­ta­tion zurück­greifen können. Da der Gesetz­geber keine Detail­an­gaben zum Inhalt vorschreibt, können Unter­nehmer ein Hand­buch für die tech­nisch und orga­ni­sa­to­risch gewollten Prozesse im Unter­nehmen erstellen. So lassen sich die gewünschten Abläufe und tech­ni­schen Einrich­tungen für Betriebs­prüfer trans­pa­rent machen. Darüber hinaus dienen sie neuen Mitar­bei­tern als Orien­tie­rung. Inzwi­schen gibt es dazu auch die Muster­ver­fah­rens­do­ku­men­ta­tion des „Deut­schen Fach­ver­bands für Kassen- und Abrech­nungs­sys­tem­technik e. V. (DFKA)“. Sie steht kostenlos zum Down­load bereit und auch hier empfiehlt sich die gemein­same Bear­bei­tung mit einem Steuer­berater.

Wie kürz­lich bekannt wurde, möchte eine Initia­tive im Bundestag eine praxis­taug­liche Ausnah­me­re­ge­lung der Belegaus­ga­be­pflicht durch den Bundestag bekommen. Am Freitag, den 13.12.2019, fand hierzu eine erste Lesung statt.

Bei Fragen spre­chen Sie uns gerne an.

Quelle: www.trialog-unternehmerblog.de, Heraus­geber: DATEV eG, Nürn­berg